Natur- und Artenschutzmaßnahmen auf dem Hof

Der Hof Wittschap wird von Menschen getragen, die sich dem Schutz der Natur und des Klimas verbunden fühlen. Als Hofgemeinschaft sind wir aktive Gestalter*innen der uns anvertrauten Landschaft. Wir möchte diese Verantwortung nutzen und einen positiven Fußabdruck hinterlassen. Dafür gestalten und pflegen wir Natur- und Artenschutz fördernde Maßnahmen auf dem Hof.

Blühende Gemüseäcker und das Selbstpflückblumenfeld

Nicht alle Blumen sind geeignete Futterlieferanten für unsere Insekten. Viele der gezüchteten prächtigen Schnittblumen haben gefüllte Blüten, d.h. sie weisen im Zentrum der Blüte vermehrte Blütenblätter auf. Unter der Züchtung leidet jedoch die Erreichbarkeit und Funktionsfähigkeit der Staubgefäße und Nektarien, sodass die Insekten quasi am langen Rüssel verhungern. Um den Bienen. Hummeln und Co. unserer direkten Nachbarschaft auf unserem Selbstpflückblumenfeld ein reiches Futterangebot bieten zu können, verzichten wir auf diese gezüchteten Sorten und ziehen ausschließlich heimische, samenfeste Blumen mit ungefüllten Blüten an. Um zusätzlich zum Blumenfeld auch unseren Gemüseacker mit Bienenfutter auszustatten, pflanzen wir die selbstvorgezogenen Blumen auch zum Teil zwischen unsere Ackerkulturen.

Die Streuobstwiese

Im April 2022 haben wir einen Teil unserer Ackerfläche (ca. 0,75 ha) mit 35 hochstämmigen Obstbäumen bepflanzt, darunter 22 Apfel-, 5 Birnen-, 5 Pflaumenartige und 3 Kirschbäume. Hinzu sollen noch 5 Quitten kommen. Bei den ausgewählten Sorten handelt es sich um möglichst alte regionale und damit standortangepasste Sorten. Gefördert wurde diese Pflanzung vom NABU und den Schwartauer Werken über die „BeeCareful-Initiative“. Mit der fleißigen Mithilfe von vielen SoLaWi- und NABU-Mitgliedern sowie Freund*innen und Familienmitgliedern haben wir diese gepflanzt. Das heranreifende Obst soll in Zukunft als Tafelobst auf dem Markt und über die SoLaWi verkauft und verteilt werden. Eine Weiterverarbeitung zu Saft, Dörrobst und Marmeladen ist ebenso angedacht.

Wieso sind Streuobstwiesen wichtig?

Streuobstwiesen sind Kulturlandschaftsbiotope. Auch wenn deren Nutzung und Bewirtschaftung unter den heutigen Markt-bedingungen nicht mehr kostendeckend abzusichern ist, ist das öffentliche Interesse am Erhalt von Streuobstwiesen aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erheblich. So bilden Streuobstwiesen aufgrund ihrer Habitatelemente aus Wald und Offenland eine strukturreiche Landschaft, welche für viele Lebewesen ein attraktives Zuhause bietet. Zum einen wird durch die extensive Bewirtschaftung eine artenreiche Insekten-gemeinschaft gefördert. Zudem finden durch die hochstämmigen Bäume, welche bei angemessener Pflege weit über 100 Jahre alt werden, auch Baumhöhlen bewohnende Vögel geeignete Habitatbäume. Das Zurückbringen von Obstbäumen in ausgeräumte Landschaften dient dem Schutz vor Wind- und Bodenerosion und ermöglicht zugleich eine Selbstversorgung auf lokaler Ebene.

Welche Sorten stehen auf unserer Streuobstwiese?

Das Erhalten alter und möglichst regionaler Obstsorten ist für die Züchtung von unschätzbarem Wert, sei es durch spezifische Standortanpassungen, Toleranz gegenüber bestimmten Krankheiten und Schädlingen als auch die unterschiedlichen Verwertungsziele, Geschmacksrichtungen, Erntezeitpunkte und Lagerfähigkeit. Unter diesen Aspekten haben wir folgende Sorten bei uns gepflanzt:

Apfel:

  • Angeliter Herrenapfel
  • Juwel aus Kirchwerder
  • Holsteiner Cox
  • Maren Nissen
  • Dithmarscher Borsdorfer
  • Signe Tillisch
  • Hochzeitsapfel
  • Purpurroter Cousinot
  • Boskop
  • Brasilienapfel
  • Gelber Richard
  • Ingrid Marie
  • Klausdorfer Häger
  • Angelner Borsdorfer
  • Altländer Jakobsapfel
  • Finkenwerder Herbstprinz
  • Stina Lohmann
  • Fillipa
  • Horneburger Pfannkuchenapfel
  • Iversenapfel

Birne:

  • Graf Moltke
  • Conference
  • Gute Graue
  • Beukes Butterbirne
  • Triumphe de Vienne

Pflaumenartige:

  • Rote Eierpflaume
  • Hauszwetschke
  • Zimmers Frühzwetschke
  • Ortenauer
  • Anna Späth

Kirschen:

  • Lucienkirsche
  • Hedelfinger Riesenkirsche
Wie steht es um die Pflege der Streuobstwiese?

Um die Kulturbäume im Kronenaufbau stabil zu erziehen, damit sie ihre eigene Fruchtlast tragen können und durch genügend Lichteinfall qualitativ hochwertiges Tafelobst hervorbringen, ist vor allem in den ersten Jahren der jährliche Erziehungsschnitt notwendig. Dabei wird hier der Oeschbergschnitt angewendet. Da gesunde jungen Triebe unerlässlich für den gewünschten stabilen Kronenaufbau sind, ist es wichtig, präventiv Krankheiten und Schädlingen vorzubeugen. So hatten wir im trockenen Frühjahr überraschend viele Blattläuse und einige Frostspanner an unseren jungen Blättern. Das Triebwachstum wurde dadurch bei einigen Bäumen geschwächt. Um dem entgegenzuwirken, müssen Nützlinge wie Marienkäfer und Florfliegen angelockt werden. Des Weiteren können Leimringe gegen Frostspanner sowie verdünnte Sude aus Brennessel, Schafgarbe etc. gegen Läuse frühzeitig angewandt werden. Neben den Schnittmaßnahmen ist es wichtig, die Baumscheibe um den Stamm herum Grasfrei zu halten und bei Bedarf mit hofeigenem Pferdemist zu düngen. Um die Wurzeln vor Wühlmäusen zu schützen, haben wir die Bäume bei der Pflanzung mit einem großen verzinkten Wühlmauskorb versehen. Bei langanhaltenden Trockenperioden werden die Bäume in diesem jungen Stadium zusätzlich bewässert. Eine Mitarbeiterin im Gemüsebau ist ausgebildete Baumwartin von der Obstbaumschnittschule Thüringen (www.obstbaumschnittschule.de) und pflegt die neu angelegte Streuobstwiese. Und wer weiß, vielleicht findet auch das ein oder andere Schaf seinen Weg zur Landschaftspflege auf die Streuobstwiese. Ein geeigneter Verbissschutz für eine Weidehaltung ist bereits vorhanden.

Wir sind ein Schwalbenfreundlicher Hof!

Vom NABU-Kiel haben wir 2023 die Urkunde überreicht bekommen: Bei uns sind die Schwalben willkommen! Im und am Stallgebäude, auf dem Heuboden und in weiteren alten Gemäuern haben wir über 30 belegte Schwalbennester gezählt. Rauch- als auch Mehlschwalben haben hier ein Zuhause gefunden. Die Insekten auf dem Pferdemisthaufen bieten ihnen ein attraktives Nahrungsangebot in unmittelbarer Nähe.

Förderung von Höhlenbrütern und Fledermäusen

Vielerorts schwindet der Lebensraum für Höhlenbrüter und Fledermäuse. Ausgeräumte Landschaften mit immer weniger großen Habitatbäumen, durch Drainagen trockengelegte Feuchtgebiete und der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft, nehmen den Artengruppen ihre Lebensgrundlage. Um dem, zusätzlich zu unserer bio-dynamischen Landwirtschaftweise, ein kleines Stück entgegenzuwirken, wollen wir durch Artenschutzfördernde Maßnahmen ein vielfältiges Zuhause hier auf dem Hof bieten. Für das Jahr 2023 wurde dafür, mithilfe der unermüdlichen Arbeit des Ehrenamtlichen Hartmut Rudolphi vom NABU Kiel (www.nabu-kiel.de), eine Förderung über die Bingo-Umweltlotterie beantragt. Die Förderung der Höhlenbrüter und Fledermäuse soll langfristig durch die Entwicklung von Baumhöhlen und Gebäudequartieren als Brut- und Quartierhabitat erreicht werden. Hinzu soll eine ausreichende Nahrungsverfügbarkeit über eine höhere Vielfalt an Lebensräumen entstehen. Die genehmigte Fördermaßnahme setzt sich zusammen aus dem Aufhängen von Nistkästen, der Etablierung von zwei Feuchtbiotopen, den Aufbau einer Lehmwand für Wildbienen, der Erweiterung eines Knicks mit heimischen Bäumen und Sträuchern sowie der Pflanzung einer Kopfweidenreihe.

Zu den Nistkästen:

Amsel, Drossel, Fink und Star… und auch Höhlenbrüter wie Dohlen, Turmfalken, Feld- und Hausspärling sowie Trauer- und Grau-schnäpper und ebenso die Fledermäuse sollen hier auf dem Hof gefördert werden. Um den beiden Artengruppen schnell einen Wohnraum zu ermöglichen, haben wir im Februar 2024 über 50 Nistkästen und Quartiere aufgehängt. Dafür wurden geeignete Standorte auf dem Hof sowohl an Gebäuden als auch in Bäumen und Knicks ausfindig gemacht.

Über die Feuchtbiotope und die Lehmwand:

Um Insekten und Amphibien für eine ausreichende Nahrungs-verfügbarkeit für die Vögel und Fledermäuse anzulocken, sollen geeignete Lebensräume entstehen. Dafür wurden im Sommer 2023 Baggerarbeiten zum Aushub zweier Feuchtbiotope und den Aufbau einer Lehmwand für Wildbienen durchgeführt. Beides fand auf und in unmittelbarer Nähe zu unserer neu angelegten Streu-obstwiese statt. Um auch in langanhaltend trockenen Zeiten einen Rückzugsort für die Wasserorganismen zu ermöglichen, wurde der größere der beiden Feuchtbiotope stufenweise angelegt mit einer tiefsten Stelle von 1,90 m und nach Norden hin einem flach auslaufenden Ufer. Der Aushub der Teiche, welcher zu großen Teilen aus Geschiebelehm besteht, wurde für den Aufbau der Lehmwand verwendet. Diese Lehmwand ist mit der steilen Seite gen Süden ausgerichtet, um schnell von der Sonne aufgewärmt zu werden und somit Wildbienen ein geeignetes Zuhause zu bieten.

Knickerweiterung mit heimischen Bäumen und Sträuchern:

Im Herbst 2023 wurde auf der Streuobstwiese ein angrenzender Knick mit heimischen Bäumen und Sträuchern erweitert. Die neu etablierte Hecke soll die Streuobstwiese vor Westwinden schützen und somit auch dem möglichen Eintrag von Pflanzenschutzmitteln vom angrenzenden konventionellem Acker entgegenwirken. Zudem bieten die Hecken einen Lebensraum für zahlreiche Tiere, darunter Nützlingen, die wiederum unserer Streuobstwiese zugute kommen. Die Wahl der Pflanzen ist dabei von großer Bedeutung, um zum Einen über das ganze Jahr eine Nahrungsquelle für die verschiedenen beherbergten Tierarten zu ermöglichen. Zum anderen sind heimische Wildsträucher angepasst an unsere Standortfaktoren und somit anspruchsloser und widerstandsfähiger. In unseren stark genutzten Kulturlandschaften haben sie die unverzichtbare Funktion, Biotope zu verbinden.

Kopfweidenreihe:

Angrenzend an unseren Haupt-Gemüseacker haben wir 28 junge Weiden gepflanzt. Diese sollen im Laufe der Jahre durch geeignete Schnittmaßnahmen zu Kopfweiden heranwachsen. Aus dem geschichtlichen wirtschaftlichen Nutzen der sog. Weidenruten als Flechtmaterial bis hin zum Brennmaterial entstand auch ein idealer Lebensraum für eine Vielzahl an Insekten und anderen Tierarten. Der Vorgang des Rückschnitts hinterlässt nämlich an den Bäumen immer wieder Wunden, wodurch Pilze eintreten, die zur Vermorschung führen und dadurch Baumhöhlen entstehen können. So zählen alte, dickstämmige Weiden zu den insektenreichsten Pflanzenarten Mitteleuropas und sind von sehr großer Bedeutung für den Artenschutz.

Solitärbäume auf den Pferdeweiden:

Insgesamt 18 Bäume, darunter Stieleichen, Winter-Linden und Hängebirken, sollen als Solitärbäume mit angemessenem Verbiss-schutz das Landschaftsbild auf den Pferdeweiden verändern. Solitärbäume sind, gerade in offenen Agrarlandschaften, wichtige Trittsteinbiotope. Über mehrere Etagen, d.h. von der Baumkrone, über die rissige Borke bis zum Stammfuß, bieten sie für viele Insekten, Vögel und Kleinsäuger ein geeignetes Habitat. Sie sind Nahrungsquelle, Raum für Fortpflanzung und Rückzugsort. Für die Pferde können sie zudem ein geeigneter Schattenplatz werden auf ansonsten freier Flur.

Heckenlegen – der lebendige Zaun:

Schleswig-Holstein ist landschaftlich geprägt durch die sogenannte „Knicklandschaft“. Die Knicks sind entstanden zur Feldeinfriedigung, also als Abgrenzung und zum Schutz der Äcker vor dem Weidevieh. Der Name „Kick“ hat seinen Ursprung in der Art des Verdichten des lebendigen Zaunes. Durch das Knicken (oder auch legen, biegen, flechten) der Gehölztriebe in die Waagerechte, woraus durch die Oberseitenförderung senkrecht neue Triebe nach oben wachsen, entwickelt sich ein lebendiger dichter Zaun. Heutzutage wird die oft fälschlicherweise als Knick bezeichnete Hecke vielerorts „auf den Stock gesetzt“, d.h. bodennah zurückgeschnitten. Dadurch entstehen auf einem Schlag lichtere Hecken, welche im Gegensatz zu den „Legehecken“ keine waagerechten von Weide- und Wildtieren undurchdringbaren Triebe beinhalten und zudem wenig geschützten Rückzugsort für kleinere Wildtiere bieten.
Im Frühjahr 2022 haben wir erstmalig auf Hof Wittschap einen alten Wallknick von ca. 70 m Länge auf die traditionelle Art gelegt mithilfe von Hippe, Hand- und Motorsäge. In der darauffolgenden Vegetationsphase sind durch die Oberseitenföderung an den waagerecht gelegten Ästen viele senkrechte Triebe gewachsen und haben den Knick deutlich verdichtet. Einige Nester wurden direkt auf den frisch gelegten dichten Strukturen angelegt. Beim Versuch Fotos zu machen ist es deutlich geworden, dass es unmöglich ist, als Mensch diese Hecke zu durchqueren.